Was hat das neue Verbraucherinformationsgesetz mit Inkrafttreten zum 01.09.2012 für wesentliche Auswirkungen?

Aus der Begründung zum alten Verbraucherinformationsgesetz (ist am 01.05.2008 in Kraft getreten) ist der Bundesrats Drucksache 273/07 vom 27.04.07 folgendes zu entnehmen:

Die Anzahl der in der Öffentlichkeit bekannt gewordenen Unregelmäßigkeiten bei der Herstellung, Lagerung und Lieferung von Lebensmitteln und Futtermitteln ist in der letzten Zeit gestiegen. Die jüngsten Machenschaften, Umetikettierung und Handel mit verdorbenem Fleisch, haben die Verbraucherinnen und Verbraucher in Deutschland verunsichert und das Vertrauen in die Sicherheit der Lebensmittel erschüttert. Die Zahl der aufgedeckten Fälle ist seit Ende 2005 bis 2007 höher als in den vergangenen zehn Jahren.

Das Verbraucherinformationsgesetzes ist ein zentraler Baustein zur Vorbeugung und raschen Eindämmung von Lebensmittelskandalen, es ist aber auch zugleich Teil einer modernen Verbraucherpolitik. Verbraucherinnen und Verbraucher zeigen ein gesteigertes Interesse an Informationen, bevor sie sich zur Auswahl eines bestimmten Erzeugnisses entschließen. Aus dem Leitbild des mündigen Verbrauchers heraus ist dieses gesteigerte Interesse zu begrüßen und daher zu fördern.

Schon bei der Gesetzesfassung des ersten VIG 2007 hatte man festgelegt, dass eine Evalutation innerhalb von 2 Jahren stattfinden soll. Außerdem gab es immer wieder Kritik, insbesondere von Seiten der Verbraucherschutzorganisationen, dass das Verbraucherinformationsgesetz nicht ausreichend sei.

Im Zusammenhang mit dem Dioxin-Skandal Anfang 2011 beschloss die Bundesregierung einen Aktionsplan "Verbraucherschutz in der Futtermittelkette". Er sieht als Konsequenz aus dem Dioxin-Geschehen unter Nummer 10 "Transparenz für Verbraucher" vor, im Rahmen der Novellierung des VIG die zuständigen Behörden dazu zu verpflichten, die Ergebnisse der amtlichen Lebensmittelüber-wachung über alle Rechtsverstöße durch Grenzwertüberschreitungen umgehend zu veröffentlichen.

 

Mit Verabschiedung im Bundesrat am 10.02.2012 wird das neue VIG nun zum 01.09.2012 in Kraft treten.

Aus einer Pressemitteilung zur Verabschiedung des neuen Gesetzes ist aus dem Bundesministerium für Verbraucherschutz zu hören: „Ich möchte die Verbraucherinnen und Verbraucher ermuntern, die verbesserten Informationsrechte aktiv zu nutzen", so Verbraucherschutzministerin Aigner.

Das Gesetz schafft die Voraussetzungen für eine noch aktivere Informationskultur der Behörden auf allen Ebenen. In das Gesetz sind durch die Evaluation im Vorfeld zahlreiche Anregungen von Wissenschaft und Praxis aus zwei Jahren Anwendungserfahrung eingeflossen. Durch eine Straffung des Anhörungsverfahrens können die Behörden insbesondere bei Rechtsverstößen schneller Auskünfte erteilen. Außerdem haben sie mehr Rechtssicherheit und sind dazu verpflichtet, Rechtsverstöße zügig zu veröffentlichen.

 

Was sind die wesentlichen Änderungen?

Mit Hilfe des neuen Verbraucherinformationsgesetzes können Verbraucherinnen und Verbraucher nicht nur - wie bisher - Informationen über Lebens- und Futtermittel und Bedarfsgegenstände (Kleidung, Spielwaren, Reinigungsmittel) sowie Wein erhalten, sondern in Zukunft auch über technische Verbraucherprodukte im Sinne des Produktsicherheitsgesetzes. Darunter fallen zum Beispiel Informationen über Haushaltsgeräte, Möbel oder Artikel für Heimwerker.

 

Wie lange dauert eine Auskunft?

Während bisher verbindlich eine Frist zur schriftlichen Anhörung des Betroffenen von einem Monat galt, können Anhörungen zukünftig auch kurzfristig und mündlich erfolgen. Bei Rechtsverstößen und in anderen besonders dringlichen Fällen kann von den zuständigen Behörden sogar ganz von einer Anhörung abgesehen werden.

 

Sind die Anfragen an eine Form oder ein Formular gebunden?

Künftig gibt es einen formlosen Informationsanspruch - auch eine Antragstellung durch E-Mail oder Telefon ist möglich. Bisher war hier immer die Angabe einer Postzustellungsadresse erforderlich, somit war der Anfragende der Behörde auch bekannt und es konnte nachvollzogen werden, wohin die Auskunft geht. Nunmehr können „anonyme“ Anfragen per Email erfolgen. Hiermit steht nun Tür und Tor offen, sich ganz anonym auch Informationen über den Wettbewerb einzuholen (so könnte zB Mc Donalds zu den Hygiene-Verstößen von Burger King anfragen und umgekehrt).

 

Wie umfassend sind die Auskünfte?

Eine Berufung auf Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse ist nicht mehr möglich. Dies gilt unabhängig davon, ob die Grenzwerte überschritten worden sind oder nicht. Bei Rechtsverstößen wird zusätzlich klargestellt, dass die komplette Lieferkette offengelegt werden muss. Generell gilt ab jetzt: Ein Geheimnisschutz kommt nicht in Betracht, wenn das öffentliche Interesse an einer Herausgabe der Information überwiegt. Klargestellt ist aber jetzt auch im Gesetz: Rezepturen und sonstiges exklusives technisches oder kaufmännisches Wissen bleiben weiterhin geschützt.

 

Was kosten die Anfragen?

Bislang konnten für einfache Auskünfte bei Bundesbehörden Gebühren in Höhe von fünf bis 25 Euro sowie bei Auskünften, die einen erheblichen Mehraufwand beinhalteten, Gebühren von 30 bis 250 Euro erhoben werden. Auskünfte über Rechtsverstöße waren kostenfrei.

Künftig werden einfachere Anfragen mit einem Verwaltungsaufwand bis zu 250 Euro beziehungsweise alle Anfragen zu Rechtsverstößen mit einem Verwaltungsaufwand bis zu 1.000 Euro bundesweit einheitlich kostenfrei beantwortet.

Kein Verbraucher muss daher aus Angst vor Kosten auf die Stellung einer Anfrage verzichten. Bei Überschreitung dieser Beträge ist vorab ein Kostenvoranschlag zu erstellen.
 

Was und wann wird genau durch die Behörde veröffentlicht?

Verstöße - zum Beispiel gegen Hygienevorschriften (zB verschmutzte Betriebsräume oder Gerätschaften, unsaubere Arbeitskleidung, verdorbene Lebensmittel, etc.) oder den Täuschungsschutz (falsche Kennzeichnung der Lebensmittel – zB in der Speisekarte, etc.)

- müssen in Zukunft veröffentlicht werden, wenn ein Bußgeld von mindestens 350 Euro zu erwarten ist.

Dies gab es so in dieser Form bisher noch nicht.

Das heißt, zukünftig werden so gut wie alle Hygiene-Verstößen in Gastronomie, Hotellerie, Bäckerei, Metzgerei…veröffentlicht!!

Bußgelder bei Hygieneverstößen fallen in letzter Zeit sehr hoch aus, insbesondere auch wegen der Sensibilisierung der Bußgeldstellen, Staatsanwaltschaften. So gab es beim letzten Lebensmittel-Skandal der Großbäckerei Müller im Vorfeld der Betriebsschließung bereits Bußgelder in Höhe von 25.000 Euro.

 

Änderungen im Lebensmittel- und Futtermittel-Gesetzbuch, welche sich aus der Änderung des Verbraucherinformationsgesetzes ergeben:

Bisher stand es im bloßen Ermessen der Behörden, die Öffentlichkeit von sich aus aktiv zu nformieren ("Kann"- Vorschrift). Von den Behörden wurde von dieser Möglichkeit in der Vergangenheit viel zu selten Gebrauch gemacht.

Jetzt – durch den neugefassten § 40 Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch (LFGB) werden die Behörden grundsätzlich dazu verpflichtet, die Öffentlichkeit zu informieren ("Soll"- Vorschrift).

Die Informationspflicht erstreckt sich auf folgende Fälle:

  • Rechtsverstöße,
  • schwerwiegende Verbrauchertäuschungen,
  • Gesundheitsgefahren (auch bei wissenschaftlicher Unsicherheit),
  • das Inverkehrbringen von Ekel erregenden Lebensmitteln, sowie
  • bei erheblichen Nachteilen für redliche Mitbewerber.

Durch die neue Regelung des § 40 LFGB werden die Behörden in Zukunft grundsätzlich verpflichtet sein, die Verbraucher zu informieren:

  • ohne dass diese eine Anfrage stellen müssen,
  • ohne dass Kosten auf die Verbraucher zukommen.

Bei der Information sollen die Behörden den Namen des Unternehmens und des Produktes nennen.

Nach einer am 31. Juli 2009 in Kraft getretenen Änderung des § 40 LFGB müssen die Behörden seit kurzem nicht mehr eigens ein die Belange der betroffenen Lebensmittelunternehmen überwiegendes öffentliches Interesse feststellen. Eine "schlichte" Abwägung der betroffenen Belange reicht. Die gesetzlichen Möglichkeiten für eine mutige und entschlossene Informationsarbeit der vor Ort zuständigen Behörden liegen damit vor.