Transparente Lebensmittelkontrolle - Die Risikobewertung – ein effizientes Instrument der Lebensmittelkontrolle - Hygieneschulung

Risikobewertung von GroßküchenNachfolgend soll anhand der Bewertung von Großküchen die Risikobewertung von Lebensmittelbetrieben dargestellt und erläutert werden.
Großküchen versorgen täglich Tausende von Menschen mit Essen. Zu ihren Kunden gehören neben Firmenmitarbeitern, Studenten oder anderen Konsumenten, die mittags ihre Speisen in Kantinen oder Mensen einnehmen, auch Risikogruppen wie Kranke, alte Menschen oder Kinder, die in Krankenhäusern, Kindergärten, Altenheimen oder zu Hause versorgt werden. Unter die Kategorie Großküchen fallen Einrichtungen, die täglich ca. 200 Essen oder mehr herstellen und diese entweder vor Ort abgeben oder an andere Ausgabestellen liefern.
Um die Sicherheit der Produkte, die an den Endverbraucher abgegeben werden zu gewährleisten, müssen hier hohe Hygienestandards eingehalten und auch vorbeugende Maßnahmen ergriffen werden, die über funktionsfähige Eigenkontrollen und regelmäßige Personalschulungen das Bewusstsein für Gefahren und Risiken im Produktionsablauf bei allen Mitarbeitern der einzelnen Betriebe sensibilisieren.

Für Lebensmittelbetriebe dient als Bewertungsgrundlage für die Beurteilung der hygienischen Zustände ein System der Risikobeurteilung, nach dem allen Betrieben seit Jahren eine entsprechende Kontrollfrequenz zugeordnet wird. Anhand der Risikoeinstufung des jeweiligen Betriebs wird dieser in eine höhere oder niedrigere Risikoklasse eingestuft und somit auch häufiger oder weniger häufig durch die amtliche Lebensmittelüberwachung kontrolliert. Das heißt, ein Betrieb mit einer niedrigen Risikoeinstufung  wird seltener – vielleicht nur alle 2 Jahre, ein Betrieb mit einer hohen Risikoeinstufung häufiger- vielleicht alle 3 Monate  - kontrolliert.

Die Risikobeurteilung beinhaltet vier Hauptmerkmale die in zwei bis fünf Untermerkmale unterteilt sind:

1. Betriebsart (0-120 Punkte)
a. Risikokategorie (80 Punkte)
b. Produktrisiko (0-20 Punkte)

2. Verlässlichkeit des Unternehmers (0-15 Punkte)
a. Einhaltung lebensmittelrechtlicher Bestimmungen (0-5 Punkte)
b. Rückverfolgbarkeit (0-3 Punkte)
c. Mitarbeiterschulung (0-7 Punkte)

3. Betriebliches Eigenkontrollsystem (0-25 Punkte)
a. HACCP-basierte Verfahren (0-12 Punkte)
b. Untersuchung von Produkten (0-5 Punkte)
c. Temperatureinhaltung (Kühlung) (0-8 Punkte)

4. Hygienemanagement (0-40 Punkte)
a. Bauliche Beschaffenheit (Instandhaltung) (0-5 Punkte)
b. Reinigung und Desinfektion (0-8 Punkte)
c. Personalhygiene (0-11 Punkte)
d. Produktionshygiene (0-13 Punkte)
e. Schädlingsbekämpfung (0-3 Punkte)
Die Zahlen in den Klammern geben die Punkte an, die bei der Bewertung vergeben werden können, wobei der kleinste Wert das geringste Risiko und der größte das höchste Risiko ausweist.
Großküchen werden zB standardmäßig bei der Betriebsart mit 100 Punkten eingestuft, da sie in der Einstufung des Grundrisikos immer der Risikokategorie 2 (80 Punkte) zugeordnet werden und auch das Produktrisiko (Umgang mit leicht verderblichen Lebensmitteln, empfindliche Verbrauchergruppen) mit 20 Punkten bei allen Betrieben als hoch eingestuft worden ist.
Diese Grundeinstufung ist von den Betrieben nicht zu beeinflussen. Einfluss können die Lebensmittelunternehmer aber auf die Hauptmerkmale zwei bis vier nehmen, die insgesamt mit 0 bis 80 Punkten bewertet werden können.
Damit sind auf der Grundlage der über die Risikobewertung ermittelten Punktzahl folgende Einstufungen der Betriebe möglich:

Punkte Kontrollfrequenz:

180-161     Wöchentlich
160-141     Monatlich
140-121    Vierteljährlich
120-101    Halbjährlich
100        Jährlich

In der Folge werden die Grundlagen der Bewertung der Hauptmerkmale 2 bis 4, die von den Gewerbetreibenden direkt beeinflussbar sind, dargestellt:

Verlässlichkeit des Unternehmers:

a. Einhaltung von lebensmittelrechtlichen Bestimmungen
Hier wird bewertet, ob der Lebensmittelunternehmer in der Vergangenheit die gesetzlichen Vorgaben des Hygienerechts eingehalten hat. Negativ wirkt sich hier aus, wenn Sanktionen wie zB Ordnungswidrigkeiten- bzw. Strafverfahren wegen gravierender Mängel eingeleitet werden mussten oder Beanstandungen nicht vereinbarungsgemäß und zeitnah beseitigt wurden.
Weiterhin wird beurteilt, ob das Vertrauensverhältnis zwischen Überwachungsbehörde und Lebensmittelunternehmer durch bewusste Zurückhaltung von Informationen über verbraucherrelevante Produktmängel, gestört wurde.

b. Rückverfolgbarkeit
Im Krisenfall, z.B. wenn eine Lebensmittelvergiftung bei Verbrauchern diagnostiziert wird, die nachweislich durch den Verzehr eines kontaminierten Lebensmittels aus einem Betrieb hervorgerufen wurde, muss der verantwortliche Lebensmittelunternehmer in der Lage sein, lückenlose Unterlagen darüber vorzulegen, welche Rohstoffe, Zusatzstoffe und auch Packmaterialien für die Herstellung dieses fertigen Produktes verwendet wurden.
Weiterhin muss nachvollziehbar sein, wann und von wem diese bezogen, wann sie hergestellt und an wen die Fertigprodukte geliefert wurden. Die Rückverfolgbarkeit soll im Krisenfall eine schnelle Handlungskette ermöglichen, um die Verbreitung einer Gesundheitsgefahr, die entweder mit dem Endprodukt oder einer Zutat verbunden ist, durch einen schnellen Informationsaustausch und die Möglichkeit von Rückrufaktionen zu begrenzen.

c. Personal
Für das Herstellen, Behandeln und Inverkehrbringen sicherer Lebensmittel ist es zwingend notwendig, dass ausreichend qualifiziertes Personal in den Lebensmittelbetrieben zur Verfügung steht. Qualifiziertes Personal bedeutet insbesondere auch, dass dieses Personal regelmäßig geschult wird, um den gewachsenen Anforderungen an die „Gute-Hygiene-Praxis“ (GHP) in Lebensmittel-betrieben gerecht werden zu können. Hierbei ist es notwendig, dass der Schulungserfolgt auch überprüft wird.
Darüber hinaus müssen Mitarbeiter, die mit bestimmten Lebensmitteln in einem Lebensmittelbetrieb in Berührung kommen, gemäß den Vorschriften des Infektionsschutzgesetzes darüber belehrt werden (E-Learning IFSG hier ansehen >>>), dass sie dem Betriebsinhaber bestimmte Erkrankungen melden müssen, deren Erreger auf das Lebensmittel übertragbar sind und damit die Gesundheit des Verbrauchers nach dem Verzehr eines solchen Lebensmittels schädigen können.

Eine freiwille Kontrolle hilft die Qualität des Betriebes und der Mitarbeiter zu verbessernBetriebliches Eigenkontrollsystem:

a. HACCP-basierte Verfahren
Für jeden Lebensmittelbetrieb muss eine Gefahrenanalyse mit dem Ziel durchgeführt werden, Gefahren im Produktionsablauf zu erkennen und, falls vorhanden, kritische Kontrollpunkte (CCPs) im Produktionsprozess festzulegen. An diesen kritischen Kontrollpunkten kann das Risiko durch unmittelbar beeinflussbare Parameter im Ablaufprozess ausgeschaltet werden. In einer dafür dokumentarisch durchzuführenden Prozessanalyse muss sich der Produktionsablauf auch bei einer Überprüfung durch einen Außenstehenden transparent nachvollziehen lassen. Für die gemäß HACCP ermittelten Gefahrenpunkte müssen Handlungsmuster beschrieben sein, durch die Gefahren für das Endprodukt, beherrscht werden.

b. Eigenkontrolluntersuchungen
Hierbei ist unter anderem zu bewerten, wie die Wareneingangskontrollen (z.B. Messung der Eingangstemperatur) durchgeführt werden, ob für kritische Lebensmittel stichprobenweise mikrobiologische Untersuchungen in akkreditierten Laboren in Auftrag gegeben oder Lieferantenaudits durchgeführt wurden.

c. Temperatureinhaltung (Kühlkette)
Die Überprüfung der Einhaltung der Kühlkette bei kühlpflichtigen Lebensmitteln ist ein wesentlicher Bestandteil, um das Herstellen und Inverkehrbringen sicherer Lebensmittel zu gewährleisten. Hierzu ist eine regelmäßige und angemessene
Temperaturkontrolle der Kühleinrichtungen und Produkte, sowie der Temperaturmessgeräte notwendig.

In allen Bereichen der betrieblichen Eigenkontrollen sind regelmäßige oder ggf. stichprobenartige Kontrollen zu dokumentieren, um nachweisen zu können, dass diese Kontrollen auch wirklich durchgeführt wurden. Von der Bewertung, ob die erarbeiteten Konzepte eines Betriebes ausreichend sind, um Gefahren im Produktionsprozess auszuschalten oder auf ein Minimum zu reduzieren, ist z.B. auch abhängig, welche weitergehenden Maßnahmen gegen einen Lebensmittel-unternehmer eingeleitet werden, wenn ein von ihm produziertes Lebensmittel im Verdacht steht, eine Lebensmittelvergiftung ausgelöst zu haben, ohne dass ein gesicherter Nachweis erfolgen konnte, weil keine Lebensmittelreste oder Rückstellproben für die Untersuchung mehr vorhanden waren.
Werden Mängel bei der Überprüfung festgestellt, hat dieses Einfluss auf die Bewertung des Betriebes und führt zu einer höheren Risikoeinstufung.

HACCP auf bestem Niveau. Das Hygiene-Netzwerk hilft.Hygienemanagement:

a. Bauliche Beschaffenheit
Die baulichen Gegebenheiten müssen so beschaffen sein, dass die geltenden gesetzlichen Anforderungen auf europäischer und nationaler Ebene eingehalten werden und damit ein umfassender Schutz vor Kontaminationen gewährleistet wird.
Dazu sind im Bedarfsfall auch umgehend oder innerhalb angemessener Fristen selbständig Instandhaltungsmaßnahmen durchzuführen.

b. Reinigung und Desinfektion
Es ist in regelmäßigen, angemessenen Intervallen und zusätzlich im Bedarfsfall eine effektive Reinigung und ggf. Desinfektion der Räume, verwendeten Materialien und Gerätschaften durchzuführen. Der Erfolg ist optisch oder ggf. mikrobiologisch zu
überprüfen. Die Maßnahmen sind in Form von Reinigungs- und Desinfektionsplänen (wer, wie, womit, wann?) und Niederschriften über Durchführung und Erfolg zu dokumentieren.

c. Personalhygiene
Unter dem Merkmal der Personalhygiene  ist das Hygieneverhalten der Mitarbeiter, das Maß an persönlicher Sauberkeit, der Umgang mit Produkten, Materialien und Geräten, die Sauberkeit und Funktionsfähigkeit der Schutzkleidung, sowie das Vorhandensein einer Meldeverpflichtung für bestimmte Erkrankungen und deren Einhaltung zu bewerten.

d. Produktionshygiene
Die Organisation der Produktion, die Trinkwasserhygiene, Abfallbeseitigung und gegebenenfalls eine Entsorgung tierischer Nebenprodukte ist so zu gestalten, dass keine nachteilige Beeinflussung bei der Herstellung, Behandlung oder dem Inverkehrbringen von Lebensmitteln innerhalb des Betriebes erfolgt.

e. Schädlingsbekämpfung
In den Betrieben ist ein angemessenes Schädlingsmonitoring nach neuestem Stand
der Technik durch qualifiziertes Personal oder durch Dienstleister durchzuführen, in dessen Rahmen eine effektive Auswahl und Lage der Köder, sowie eine regelmäßige Überprüfung erfolgen muss. Bei Befall ist eine geeignete Bekämpfung unter Verwendung zugelassener Mittel durchzuführen. Alle Maßnahmen müssen in geeigneter Weise dokumentiert werden.

Fazit:
Die größten Mängel werden hier immer wieder im Bereich des Eigenkontrollsystems – nicht Vorhandensein von HACCP-basierten Verfahren, nicht ausreichende oder fehlende Dokumentation und Temperatureinhaltung nicht transparent dokumentiert - festgestellt.

Hier finden Sie Termine und Hygieneschulungen >>>

Hier finden Sie einen interessanten Bericht zum Thema Rückstellproben und den gesetzlichen Anforderungen >>>

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